Hi, ich bin Catrin, 41 Jahre alt, 3-fache Mama, Powerfrau, Realistin.
Und ich habe Brustkrebs.

 

Ich nehme Dich mit auf meine  Reise.

Wenn Du aber einen Blog ohne Schimpfwörter, mit rosaroter Brille und Schönrederei lesen möchtest, bist Du hier nicht richtig.

The beginning

Chemotagebuch

Es war einmal…

Leider gibt es hier kein Märchen.

Sooft man denkt, man wacht bald aus dem Alptraum auf – nix da: Realität. 

Eine Neue.

„Schatz fühl mal, ich hab da glaub nen Bluterguss, des ist komisch“.

So fing es an.

Nach nem harten, arbeitsreichen Jahr bin ich samt BH auf dem Sofa eingeschlafen. Ich gab dem BH-Bügel die Schuld an meinem „Bluterguss“.

Der wurde dann natürlich täglich beobachtet- und irgendwie nicht kleiner.

Also wurde der Termin beim Frauenarzt ausgemacht- in 3 Monaten.

Puh – mit meiner Vorgeschichte und Angst und viel betteln konnte ich dann doch 10 Tage später „schon“ hin.

Problem: mir ging es ja super! 

Außer dass ich Rückenschmerzen hatte (tippe auf nen BSV) hatte ich null Komma nix.

Da saß ich dann meinem FA gegenüber- kurz erklärt, dann auf den Tisch. Erst der obligatorische Krebsabstrich, dann Brustultraschall.

Da sah ich IHN das erste mal: den schwarzen Fleck. 

Der Doc war recht still, meinte nur das müssen wir abklären. Du musst zur Mammographie.

Das war’s. 

Kopfkino an. Was wenn…

Schlechte Nacht. Hirn voll. Tausend Gedanken.

Am nächsten Tag direkt zur Mammographie.

Da ich ziemlich dichtes Drüsengewebe hab, waren die Bilder nicht unbedingt hilfreich und der Radiologe schallte erneut.

Dann der Hammer:

Sie haben Brustkrebs. Er sieht 2 Zentren. Und suspekte Lymphknoten.

Der Boden ging auf. Ich fiel. Tief. Ins schwarze Loch.

Ich weiß nicht wie, aber instinktiv hab ich in meinem Freien Fall nen Steiger in die Wand gehämmert.

Und von einer Sekunde zur nächsten war er da: der Catrin-Hulk.

Meine Schwester war dabei, Tränen kullerten. Ich war wie versteinert.

Noch wenige Wochen vorher hatten Marco und ich ein Gespräch darüber. Damals sagte ich, dass Krebs vermutlich mit das Einzige sei, dass mich brechen würde und könnte.

Der Fremde in mir, das unerträgliche, die Angst.

Und jetzt? Der Catrin-Hulk.

Auch ok. Aber auch die Verwandlung muss man lernen.

In den nächsten 2 Tagen flossen viele, viele Tränen. Ich bin mir nicht bewusst, dass ich seit dem Tod meiner Mama damals so viel geweint hab.

Aber: damals wie heute ist meine Devise: Tränen in Kraft umwandeln. Und das tat er, der neue Catrin-Hulk.

Ich fuhr zu meinem Exmann. Im Moment herrscht sehr angespannte Stimmung zwischen uns. 

1 Gespräch. Fertig. 

Ich wage zu bezweifeln, dass er es versteht und denken kann. Das hat er auch vor 10 Jahren nicht.

Aber ich muss mich darauf verlassen können, dass er für die Kinder da ist, wenn ich nicht kann.

Ich hoffe, die Message kam an. Er ist allerdings für mich ein „es geht mir gut“ Antwort-Kandidat.

Danach das schwerste Gespräch:

Die Kinder.

Felice (6) hat nichts verstanden. Arjen (10) und Joelle (13): Tränen. Fragen. Noch mehr Tränen.

Ein blutendes Mamaherz. Und ein über sich hinauswachsender Catrin-Hulk:

ICH SEHE MEINE KINDER GROSS WERDEN, HEIRATEN UND HALTE MEINE ENKEL

Punkt.

Und der steht. Ist nicht dran zu rütteln.

22.02.24 

Der Geburtstag meiner Mama. Wäre der  67.

Mein Biopsie Tag.

Ab zum FA. 

Ich war etwas nervös- Joelle und Marco dabei. Falls ich umkippe.

Aber vorweg: war nicht schlimm. Die Betäubung piekst. Die Stanzen Puffern.

Das war’s.

Da ich Chemie studiert habe, meine Diplomarbeit über einen Mechanismus für die Krebsforschung geschrieben habe und natürlich vor mittlerweile über 20 Jahren mit meiner Mama viel begleitet habe, bin ich nicht unbedingt der Traum-Patient, der keine Fragen stellt.

Da saß ich nun mit entnommenen Proben und der Frage: wie geht’s weiter? 

Der Doc kann ja nicht in die Glaskugel schauen, daher natürlich „Biopsie abwarten“. Voraussichtlich neoadjuvante Chemo, OP, Bestrahlung…

Er hat mir auch gesagt, dass wir den Kerl vermutlich auch nicht vor 6 Monaten gesehen hätten- wenigstens bisl mein Gewissen beruhigt. Für mich war er nämlich quasi über Nacht da. Und da hab ich ehrlicherweise an mir selbst gezweifelt…

Irgendwie ging ich hoffnungsvoll aus diesem Gespräch, traf mich mit Marco und Joelle noch auf nen Cocktail und ließ den Hulk um 3 cm wachsen.

Natürlich war ab sofort Google mein bester Freund. Ich stopfte Wissenslücken, frischte mein Wissen auf, arbeitete mich in die Materie wieder ein.

Ich bin mittlerweile seit 15 Jahren in der Hochzeits-und Veranstaltungsbranche. Aber ich gebe zu, das Thema Krebs ist für mich unwahrscheinlich interessant – nur vielleicht nicht unbedingt an mir selber.

Und nicht zu vergessen: 

Geduld. Ich hasse es. Abgründig. 

Und finde auch, mit 41 muss man das nicht mehr lernen. Geduld haben…

Ich jedenfalls nicht.

Also wie man sich denken kann: warten auf die Biopsie war für mich die Probe schlechthin. 

Übel. Ätzend. Nervenaufreibend.

Das Hirn fickt einen. Richtig.

Nicht nur 200 sondern eher 2000000 Gedanken, wenns, falls.

Ich hatte nen „Wunsch“ – Hormonrezeptoren und Her-2-neu negativ.

Und dann kam der Anruf.

Und mein Wunsch wurde wahr:

ER 90%

PR 85%

Her2-neu negativ

G3

T2 (3)

Multizentrisch

Ki67-40%

Ich wusste von Anfang an, dass wenn doof, ich nicht nur den „bissle-doofen“ krieg, sondern dann schon ne Arschkarte.

Und da war sie: nennen wir sie „Super-Scheisse“.

Das super bekommt hier allerdings positive Bedeutung- über die Rezeptoren habe ich mich tatsächlich „gefreut“ und war bisl erleichtert.

„Du bist so krass“ – das durfte ich mir dann schon paar Mal anhören. 

Warum?

Weil ich realistisch bin und kampfbereit und nicht in der Ecke sitze und zusammenbreche? Weil ich logisch Fakten auswerte, strategisch analysiere und mich aufstelle?

Weil ich der Meinung bin, dass endlich mal jemand zum Thema Krebs den Mund aufmachen muss?

Weil ich finde, dass es heutzutage kein totzuschweigendes Thema mehr sein darf?

Weil ich dazu die Kraft habe?

(Ok, ich muss dazu vielleicht anmerken, dass ich in der Zeit unsere Frühjahrsmesse vollends vorbereitet hab und komplett präsent dort war – ohne dass man mir was anmerkte)

Aber: und eigentlich ist das so unendlich traurig:

So viele assoziieren bei Brustkrebs sofort Tod.

Das ist falsch.

Natürlich gibt es Schicksale und natürlich kommt es auch auf ganz viele Parameter an. Und in manchen Fällen, ist das vielleicht dann auch so: dass man anfangen muss, sich zu verabschieden.

Aber nur die Diagnose heißt nicht gleich, anfangen auf 1,80m tief zu graben.

Brustkrebs ist sicherlich eine der best erforschten und behandelbaren Krebsarten. Jede 8. Frau trifft es.

Manche früher, manche später.

Für jede von uns ist es der blanke Horror, der Tiefe Fall, der komplette Wahnsinn.

Das kann keiner schönreden und mit „das wird schon wieder“ und irgendeiner Geschichte der Cousine 27. Grades stoppen.

Aber was stoppt diesen Fall?

Ich glaube das ist bei jedem anders, und manche fallen einfach.

Mein Stop: der Catrin-Hulk.

Ich kann es weder erklären noch in Worte fassen. Ich bin mutiert.

Mein Ziel: den Arsch killen.

Der nimmt mir nicht, meine Kinder, mein Leben, meine große Liebe.

Ich wollte 2024 heiraten, mein neues Leben genießen, reisen. Meine beiden Kleinen kommen in die (neue) Schule, die Messen haben neue Standorte.

Und dann kam da irgendwie was dazwischen.

Und jetzt geht es Schritt für Schritt.

Schwierig, wenn man so ein Planer ist wie ich. 

Hier kommt dann wieder die größte Herausforderung ins Spiel: Geduld. Gebe zu, ich muss noch viel lernen.

Ich bin sarkastisch des Todes – so wandle ich meine Angst um. Und vielleicht zeige ich Bill aber auch so, dass er mich mal kann.

Das soll nicht den Anschein haben, ich kehre das alles unter den Tisch. Im Gegenteil: der Krebs dominiert meine Gedanken, ich lese, hirne, informiere mich. Was ist wenn???

Am 04.03 „durfte“ ich mich im Brustkrebszentrum des Marienhospital vorstellen.

Marco war dabei.

Ich hatte gefühlt 200 Fragen im Gepäck.

Der nette Oberarzt hat mich glaube ich auf die „rote Liste“ geschrieben: „Mach mit der keinen Termin nach 10, sonst kommst zu spät zum Mittagessen“.

Selbstverständlich hat er mir alles brav erklärt, ok, den Befund hatte ich bis auf 2 Kleinigkeiten ja eh verstanden.

Die Lymphknoten wurden noch biopsiert- aber es war ja „klar“, dass die befallen waren.

3-4 hat er entdeckt. 

Mist.

Auch seine Empfehlung: neoadjuvante Chemo – OP- Bestrahlung- endokrine Therapie.

Ob und in welchem Rahmen sollte das Tumorboard festlegen, nachdem das Screening durch war.

Der Termin hat mir eigentlich nichts Neues gebracht. Meine Pros kannte ich ja – ebenso die Cons.

Ich verstehe den Sinn der Neoadjuvanten für mich: erstmal weg mit dem Scheiß.

Da der G3, der Wachstumsfaktor und die befallenen Lymphknoten eben einfach auch dafür sprechen, dass Mini-Bills schon in meinem System sind, müssen die einfach platt gemacht werden.

Koste es was es wolle.

Dafür erhoffe ich mir aber auch genau das von der Chemo:

  • da duktal- bessere Chemo Erfolge
  • schnell wachsende Zellen sind ja genau das, wo die Chemo angreift. Und die Voraussetzung erfüllt Bill ja bestens
  • Her2-neu negativ spricht für weniger Metastasierungsrisiko und Rückfall

Ich kann’s ja eh nicht ändern – also sammle ich die positiven Strohhalme und halte mich daran.

Das wichtigste Wort des Tages: 

Kurativ 

Sofern das Screening unauffällig.

Ich glaube, das Wort ließ den Catrin-Hulk dann vollends explodieren.

Das wollte ich hören: HEILBAR

Aber das ABER – erstmal durchs Screening.

Ich glaube das hat mich dann mit die meisten Nerven gekostet. 

Selten war ich so angespannt und nervös.

7 Tage musste ich auf den Termin zum Knochenszinti warten.

Mein Wenn-und-Aber-Hirn lief auf Hochtouren.

Außerdem hatte ich ständig Rückenschmerzen- das ordnete ich natürlich den vermeintlichen Metas zu.

Am 11.03. durfte ich dann anrücken. Montag früh. Nach einem langen, harten Messewochenende.

2 1/2 Stunden nach der radioaktiven Spritze ging’s dann in den Kasten.

40 Minuten ruhig liegen. Da kullerten ein paar Tränchen.

Ab und zu der Blick aufs Bild – leuchtet was? Oh Gott, grün…

1000 Gedanken. 

Ich musste es nehmen wie es kommt- Knochenmetas sind wohl noch die besten.

Die 20 Minuten bis mich endlich die Ärztin ins Zimmer rief waren fast unerträglich. Da laufen Filme im Kopf, die man einfach nicht stoppen kann.

Und dann die Erlösung: NIX zu finden!

Keine Knochenmetas.

Wenn ich im Krankenhaus mit dem Namen meiner Mama in Verbindung gebracht werde, kommen natürlich immer Fragen und Erinnerungen. Sie war dort ein „kleiner Star“: prophezeit hat man ihr 6 Monate mit Rezidiven vom Brustkrebs in Darm und später Peritoneal. Geworden sind es über 2 Jahre.

„Sie machen es besser – ich will sie hier nicht mehr so schnell sehen. Ziehen Sie Ihre Kinder groß.“

Die Tränen kullerten. Unstoppable.

Das war kein Stein, das war ein Felsbrocken.

Immer noch M0.

Immer noch kurativ.

Juhu!

3 Tage später dasselbe im CT.

Bis auf 2 vermeintliche Narben in der Lunge keine Metastasten.

Für mich der beste Ausgangspunkt: M0 – kurativ

Daran klammere ich mich, dafür kämpfe ich. Jedem ist klar, Chemo ist nicht „lustig“. Gift bleibt Gift. Augen zu und durch.

Im Tumorboard wurden alle meine Ergebnisse ausgewertet und die Therapie festgesetzt: bei 3-4 Lymphknoten 4xEC alle 14 Tage, 12x PAC. wöchentlich. Soviel zunächst. Dosisdicht wäre auch mein Vorschlag gewesen. Aber dann kam nochmal alles anders:

Beim markieren des Tumors hat die Ärztin erneut die Lymphknoten geschallt: da waren es schon 5 veränderte. Damit wurde ich nochmal besprochen und das Schema geändert:

Hochdosis ETC, alle 14 Tage.

Mehr geht nicht. Aber gut. Ich bringe ganz gute Voraussetzungen mit – denn ich hab ja einfach nichts, bis auf den nervigen Heuschnupfen. 

Erneut ein lehrreicher Abend – ETC ist in meinem Fall das Beste. Außerdem kann nach jedem Medikament neu geschaut und bestimmt werden, ob der Tumor darauf anspringt, oder ob man was ändert. Man munkelt, einzeln seien die 3 Wirkstoffe, die effektivsten die die Brustkrebs-Chemo zu bieten hat, sogar besser verträglich. Nichts desto trotz ist es n ganz schönes Brett.

Mein Mini-Pro: ich bin 14 Tage eher fertig…

Die Krankenhaus-Tage sind lang und zäh. Chemo – Aufklärung. Port- Aufklärung. Anästesie. Blutcheck.

Stunde um Stunde. Fast tägliche Fahrten nach Stuttgart. Kinder-Orga hoch 100.

Mein persönlicher Alptraum: Port-OP.

Da ich darauf gedrängt habe, dass es bald losgeht (ich wollte gerne vor einem Papa-WE das Gift bekommen), haben sie mir ziemlich spontan am 20.02. direkt den Port gelegt. Und es war halb so schlimm wie ich dachte. Wirklich. Ich hab um ne Vollnarkose diskutiert, letztendlich Dämmerschlaf bekommen und war nach 2h heimgehbereit (das Warten auf den Arztbrief hat dann noch 2h länger gedauert, so dass es doch recht tagfüllend war). 2 Tage ein unangenehmes Drücken/Ziepen ab Tag 3 war er einfach da.

Und es ist wirklich die beste und erleichterndste Variante. Habt davor auf keinen Fall so viel Angst wie ich. Kostet Kraft und die braucht ihr woanders.

Mit frischem Port und allen Aufklärungen geht sie dann los: meine Chemo-Reise.